Nicht weit von hier entfernt liegt die Ommerschans. Ein Gebiet, das nach einer Verteidigungsschanze benannt ist und eine lange, bedeutende Geschichte zu erzählen hat. Hier, auf der historischen Route von Ommen über Zuidwolde nach Norden, haben sich Ereignisse zugetragen, die es wert sind, an sie zu erinnern.
Vor 400 Jahren gehen tapfere Soldaten an dieser Route in Stellung, um den Spaniern entgegenzutreten. 200 Jahre später nimmt die Ommerschans als soziales Experiment Landstreicher und Bettler in die „Kolonie der Wohltätigkeit“ auf. Hier entfaltet sich faszinierende Geschichte. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wird „Veldzicht“ gegründet, eine Einrichtung, in der dieses Experiment auf andere Weise fortgesetzt wird.
Die Ommerschans befindet sich mitten in einer von Menschenhand geformten Landschaft. Begleite uns auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Ommerschans. Wir möchten dir mehr über diesen besonderen historischen Ort erzählen.
9000 v. Chr. bis 1568 - Von der urzeitlichen Landschaft zur militärischen Festung
Nach 11.000 Jahren wird das Gebiet langsam urbar gemacht und stärker besiedelt. Bis weit ins Mittelalter hinein sieht es hier ganz anders aus als heute. Der Nordosten der Niederlande ist ein einziger riesiger Sumpf mit Torfmooren. Das Gebiet ist wie ein großer nasser Schwamm. Nur wenige Menschen leben hier und Ackerbau ist nahezu unmöglich. Langsam wird das Gebiet jedoch urbar gemacht und stärker besiedelt. An einigen wenigen Stellen kann man im Sommer das Moor in Richtung Norden durchqueren, wenn die betreffenden Strecken trockenfallen. In der Nähe befindet sich jetzt die Ommerschans. Es ist naheliegend, dass ein solcher Ort in militärischer und wirtschaftlicher Hinsicht strategische Bedeutung erlangt.
Die ersten Menschen - 9000 v. Chr.
Nach der letzten Eiszeit entstehen entlang des Flusses Vechte Torf(-Bänke) und Sumpf. Auf kleineren, hochgelegenen Abschnitten mit sandigem Boden lassen sich die ersten Menschen nieder. Das Gebiet ist damals sehr dünn besiedelt.
Das Schwert von Ommerschans - 1500 – 1350 v. Chr.
Etwas südlich von Ommerschans wird im Moor ein Zeremonienschwert aus der Bronzezeit gefunden. Es gehört zu den seltensten Objekten aus der europäischen Frühgeschichte. Das Schwert befindet sich heute im Rijksmuseum van Oudheden (nationales archäologisches Museum) in Leiden.
Strategische Lage - Nach 1500
Der Weg durch das Moor wird zunehmend als Transportweg genutzt. Seine wirtschaftliche und strategische Bedeutung nimmt zu. Während des Krieges gegen die Spanier fühlen sich die nördlichen Provinzen bedroht. Es ist wichtig, die Wege durchs Moor – auch diejenigen nördlich von Ommen – zu sichern.
1568 bis 1818 - Die Verteidigungsschanze
Im Jahr 1568 beginnt der Achtzigjährige Krieg nach einem Aufstand der Niederlande unter Wilhelm von Oranien gegen den spanischen Landesherrn, König Philipp II. Dieser Krieg führt zur Gründung der Republik der Sieben Vereinigten Provinzen. Die ländlichen Gegenden in der Provinz Overijssel haben unter Plünderungen der Spanier schwer zu leiden. Um den Norden zu schützen, wird an der Straße von Ommen nach Zuidwolde eine Schanze errichtet. Nach dem Frieden von Münster im Jahr 1648 verliert diese Verteidigungsanlage allmählich an Bedeutung. In den zweihundert Jahren ihres Bestehens wird die Schanze mal mehr, mal weniger genutzt und intakt gehalten. Im Jahr 1819 überlässt man das Gelände der Wohltätigkeitsgesellschaft „Maatschappij van Weldadigheid“ als Leihgabe.
Die Schanze wird gebaut - 1623
Im Jahr 1623 geben die Generalstaaten (das oberste Beschlussorgan der Republik) den Auftrag zum Bau einer Schanze zur Verteidigung der nördlichen Provinzen. Die dazugehörige Urkunde, die „akte van non-prejuditie“, befindet sich heute in der Sammlung „Collectie Overijssel“ in Zwolle. Die Schanze besteht anfangs nur aus einem Viereck mit drei Vorsprüngen (Bastionen) zur Ommener Seite hin sowie einem vorgelagerten Wall. Auf diese Weise soll sie die nördlichen Provinzen vor spanischen Angriffen schützen. Um 1670 wird die Schanze noch einmal verstärkt.
Das Schwert von Ommerschans - 1500 – 1350 v. Chr.
Etwas südlich von Ommerschans wird im Moor ein Zeremonienschwert aus der Bronzezeit gefunden. Es gehört zu den seltensten Objekten aus der europäischen Frühgeschichte. Das Schwert befindet sich heute im Rijksmuseum van Oudheden (nationales archäologisches Museum) in Leiden.
Das Jahr der Katastrophe und „Bommen Berend“
Das Jahr 1672 ist als das Katastrophenjahr, das „Rampjaar“, in die Geschichte der Niederlande eingegangen: Die Republik wird von allen Seiten bedroht. Unter anderem wird 1672 die Schanze von den Truppen des Bischofs von Münster besetzt, der den Beinamen „Bommen Berend“ (Bomben- bzw. Kanonenkugel-Bernhard) trägt. Seine Einnahme der Ommerschans erfolgt jedoch kampflos: Die hier stationierten 146 Musketiere und 55 Pikeniere ergreifen die Flucht, als der Feind sich nähert. Um 1740 wird die Ommerschans erneut verstärkt, denn sie soll nun als großes Waffen- und Munitionsdepot dienen. Die Verteidigungsanlage wird um Ravelins erweitert und erhält schließlich die Form eines Sterns.
Bürgermilizen überfallen die Schanze - 1787
Am Ende des 18. Jahrhunderts befindet sich die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen in Aufruhr. Die wirtschaftliche Lage ist desolat und aus Unzufriedenheit bilden sich in den Städten Bürgermilizen, die sogenannten „Patriotten“. Sie fordern mehr Mitsprache. 1787 eskaliert der Konflikt und Kämpfe brechen aus. Patriotten aus Zwolle und Vollenhove überfallen die Ommerschans und erbeuten sämtliche Waffen und Munition.

1818 bis 1892 - Die Straf- und Bettlerkolonie
Die Provinzen Drenthe und Overijssel sollen landwirtschaftlich erschlossen werden, und zwar mithilfe von Arbeitslosen und Bettlern aus den großen Städten, die dadurch die Chance auf ein besseres Leben erhalten. Diese private Initiative zur Bekämpfung der Armut wird durch freiwillige Spenden von Tausenden von Niederländern finanziert. Sogenannte freie Kolonien werden in Frederiksoord, Wilhelminaoord, Willemsoord und Wortel (im heutigen Belgien) gegründet. Hier erhalten mittellose Familien die Möglichkeit, sich als Landwirte eine Existenz aufzubauen. Für Straftäter und Bettler werden „unfreie“ Kolonien, unter anderem in Ommerschans, gegründet. Später kommen Veenhuizen und Merksplas (Belgien) hinzu. Ommerschans ist die erste Strafkolonie der Gesellschaft der Wohltätigkeit (Maatschappij van Weldadigheid).
Johannes van den Bosch (1780-1844)
1818 trägt der sozial engagierte Generalmajor Johannes van den Bosch einen ehrgeizigen Plan vor: Die damalige Armut in den Niederlanden soll durch die Gründung landwirtschaftlicher Kolonien bekämpft werden. Dies markiert einen Wandel im Denken und Handeln der niederländischen Regierung. Sie macht die Armutsbekämpfung schließlich zu ihrer Aufgabe und überlässt sie nicht länger allein den Kirchen.
Die Bettleranstalt ist fertiggestellt - 1820
In der Mitte der Schanze wird das zweistöckige Hauptgebäude mit einem großen Innenhof geschaffen, eine 100 mal 100 Meter große Anlage. 1.200 bis 1.500 Bettler werden in 30 Sälen für je 40 Personen untergebracht. Der Innenhof ist durch einen Zaun in zwei Hälften geteilt: Männer und Frauen leben getrennt. Sie arbeiten entweder auf einem der 21 Koloniehöfe in der Umgebung oder werden in der Spinnerei oder Weberei eingesetzt.
Kinder in Ommerschans
Auch Kinder wohnen in Ommerschans oder werden hier geboren. Bis zu ihrem achten Lebensjahr bleiben sie bei ihren Müttern. In einer kleinen Schule auf dem Gelände findet kostenloser Unterricht statt. Zur Schule gehen die Kinder aber nur abends, denn ab dem achten Lebensjahr müssen auch sie Geld verdienen.
Die Regierung übernimmt die Kolonien - 1859
Die Bettler aus der Stadt haben keine Erfahrung mit Ackerbau und Viehzucht und sind als Bauern häufig wenig erfolgreich. Die Ernte des urbar gemachten Landes ist zu gering. Oft muss die Regierung Geld zuschießen. Als diese Phase zu lange dauert, wird das Experiment von Johannes van den Bosch vom Staat übernommen: Die Kolonien der Wohltätigkeit werden zu staatlichen Bettleranstalten.
Landwirtschaft
Im Bereich der Landwirtschaft wird viel experimentiert. Um die Agrarproduktion in Gebieten mit kargen Böden zu erhöhen, sind landwirtschaftliche Innovationen eine absolute Notwendigkeit. So entstehen Vorbilder für viele andere Experimente in Europa. In Ommerschans zeigt sich, dass die Bewirtschaftung von 35 Hektar pro Gehöft am ertragreichsten ist. Die rechtwinklige Parzellen- und Alleenstruktur ist auch heute noch in der Landschaft sichtbar.
1892 bis heute - Das Justizministerium übernimmt
Nach der Schließung wird die Kolonie vom Justizministerium übernommen, das hier 1894 eine „Staatliche Erziehungsanstalt für Jugendliche“ gründet. Das neue Hauptgebäude namens Veldzicht wird gebaut. 1932 wird die Erziehungsanstalt von einer „Staatlichen Anstalt für Psychopathen“ abgelöst: einer gefängnisähnlichen Einrichtung für Schwerverbrecher und ein Vorläufer der heutigen Sicherheitsverwahrung. Heute dient Veldzicht als ein Zentrum für transkulturelle Psychiatrie. Ab den 1990er Jahren stößt das Justizministerium immer mehr Grundstücke und Gebäude der Ommerschans ab und übergibt nach der Jahrtausendwende einen Großteil des Gebiets an die Staatliche Forstverwaltung. Diese richtet ein Naturschutzgebiet ein, in dem wichtige kulturgeschichtliche Elemente erhalten bleiben. 2001 entsteht die Initiative, die Ommerschans bekannter zu machen, was zur Gründung des Vereins De Ommerschans führt.
Staatliche Erziehungsanstalt - 1894
Die Jungen, die im Gebäude Veldzicht wohnen, erhalten eine Ausbildung in Landwirtschaft und Gartenbau. 1905 wird das Angebot der handwerklichen Ausbildungen erheblich erweitert. Die Jungen erlernen Fähigkeiten, die sie später im Leben gut gebrauchen können.
Das Schwert von Ommerschans - 1500 – 1350 v. Chr.
Etwas südlich von Ommerschans wird im Moor ein Zeremonienschwert aus der Bronzezeit gefunden. Es gehört zu den seltensten Objekten aus der europäischen Frühgeschichte. Das Schwert befindet sich heute im Rijksmuseum van Oudheden (nationales archäologisches Museum) in Leiden.
Historische Bedeutung
Es ist wichtig für die Zukunft, die Geschichte von Ommerschans zu erzählen. Ommerschans erinnert uns an Zeiten, in denen Sicherheit und ein voller Magen keine Selbstverständlichkeit waren. Aber auch in der heutigen Zeit suchen wir noch immer nach Lösungen für dieses Problem. Dafür setzt sich der Verein De Ommerschans intensiv ein. Eben weil es ein besonderes Stück Niederlande ist.
Veldzicht
Die Menschen, die für die Erziehungsanstalt Veldzicht arbeiten, leben in Balkbrug. Speziell für sie werden ab 1911 Dutzende von Dienstwohnungen gebaut. Balkbrug wird ein richtiges Beamtendorf. Beamte sind ein starker Motor für eine florierende Mittelschicht und das Wachstum des Dorfes.

Und nun ... die Gegenwart!
Die grüne, stille Kolonie
Ommerschans liegt in einer wunderschönen grünen Landschaft und ist ein Gebiet, in dem man herrliche Spaziergänge unternehmen und echte Ruhe genießen kann. Sie wird nicht umsonst die stille Kolonie genannt. Auf einer speziell angelegten Route geben Informationstafeln einen Einblick in interessante Ereignisse aus der Vergangenheit. Teil der Route ist ein Kunstwerk, bestehend aus Trittsteinen, die Spaziergänger trockenen Fußes auf die andere Seite eines feuchten Grabens bringen. In den letzten Jahren hat der Eigentümer der Ommerschans, die Staatliche Forstverwaltung, das Gebiet bewusst verwildern lassen. Die dadurch entstandene üppige Flora bietet Tieren Schutz und Nahrung in der überwiegend offenen Landschaft. Inzwischen wurden bereits Rehe, Singvögel, Spechte, Eulen, Fledermäuse und Laubfrösche gesichtet. Die häufigsten Baumarten in diesem Gebiet sind Eiche, Esche, Buche und Pappel. Außerdem gibt es eine reiche Stinsen-Vegetation (verwilderte Gartenpflanzen) mit Frühlingsblühern wie dem Gelben Windröschen, Weinberg-Lauch, Elfen-Krokus und Wald-Flattergras. Kurzum, Ommerschans ist ein wunderschönes Gebiet, in dem du Natur, Geschichte und Stille genießen kannst.
Europäisches Kulturerbe-Siegel
Die Europäische Union hat der Kolonie der Wohltätigkeit De Ommerschans in Anerkennung und Würdigung ihres Beitrags zu den europäischen Werten und Standards das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen. Die Kolonien von Weldadigheid waren ein Vorläufer dessen, was wir heute als soziale Einrichtung bezeichnen würden. In Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise experimentierten sie mit einem neuen Ansatz. Durch öffentlich-private Partnerschaften wurden Investitionen in landwirtschaftliche Innovationen getätigt, Arbeits- und Obdachlose erhielten ein Dach über dem Kopf und Zugang zu Bildung, Arbeit und medizinischer Versorgung. Die Gebiete fungierten lange Zeit als landwirtschaftliche Kolonien und sind noch heute ein Symbol für den in Europa kontinuierlich geführten Kampf gegen Armut, Arbeits- und Obdachlosigkeit.